Akteure aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Open-Source-Wirtschaft fordern die Bundesregierung auf, digitalpolitische Versprechen einzulösen und im Bundeshaushalt die nötigen Mittel bereitzustellen
Der progressive, digitalpolitische Verein D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt zieht eine negative Halbzeitbilanz für die Digitalpolitik der Bundesregierung und fordert gemeinsam mit 20 Akteuren aus der Zivilgesellschaft und Freie-Software-Wirtschaft: Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen im Bundestag müssen jetzt dringend ihre digitalpolitischen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Dafür müssen sie im Haushalt 2024 ausreichend Mittel bereitstellen. Zudem muss die Zivilgesellschaft stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Es gibt in dieser Legislatur noch ein kurzes Zeitfenster dafür, Deutschland auf einen nachhaltigen, inklusiven und sozialen digitalpolitischen Kurs zu lenken. Diese Chance darf die Regierung nicht vertun.
Die Bundesregierung ist vor zwei Jahren mit einem guten und vielfach gelobten digitalpolitischen Programm angetreten, das einen Kurswechsel und eine erfolgreichere, nachhaltige, inklusive Digitalisierung versprach. Zur Hälfte der Wahlperiode lässt dieser Kurswechsel leider weiter auf sich warten. Die Ampel hat bisher nur wenige Projekte angestoßen und plant, diese im Haushalt für das kommende Jahr sogar schmerzlich zusammenzusparen. Damit droht am Ende der Legislatur ein digitalpolitisches Scheitern und ein langfristiger Schaden für Gesellschaft und Wirtschaft.
D64 konzentriert sich in seiner Kritik auf die Bereiche der Verwaltungsdigitalisierung und den Schutz von Freiheitsrechen.
Die Bundesregierung erreicht keine der im Koalitionsvertrag genannten ambitionierten Ziele der Verwaltungsdigitalisierung. Wir fordern eine neue Form der Zusammenarbeit, die sich am Open-Source-Gedanken orientiert. Dazu zählt verbindliches Regelwerk und eine leistungsfähige und bewegliche, beteiligungsoffene Organisation. Im bisherigen Ansatz zu einem OZG 2.0 fehlt dieses verbindliche Regelwerk mit klaren Definitionen der jeweiligen Zuständigkeiten. Gleiches gilt für die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Nur, wenn die Bundesregierung Farbe bekennt, kann ein Neustart bei der Verwaltungsdigitalisierung gelingen und das Fundament für die zukunftsfähige digitale Verwaltung gelegt werden.
Außerdem fordert D64 ein Umdenken bei digitalen Ansätzen in der Innen- und Sicherheitspolitik. Entsprechend des Koalitionsvertrags muss die Bundesregierung die Vorratsdatenspeicherung endgültig aufgeben und auf Lösungen wie die Login-Falle setzen. Zudem ist ein entschiedenes Eintreten Deutschlands gegen die Chatkontrolle auf EU-Ebene notwendig, um das Grundrecht auf private Kommunikation effektiv schützen zu können.
Eine Übersicht aller Organisationen, die am 29.08.2023 eine digitalpolitische Halbzeitbilanz der Arbeit der Bundesregierung gezogen haben, findet sich auf der Webseite der Free Software Foundation Europe.