Kann E-Mail Ausbeutung sein?

Von Stephan Noller

Als vor einigen Wochen die Meldung durch die Nachrichten ging, dass der Volkswagen-Betriebsrat ein Abschalten der E-Mail-Dienste für die Mitarbeiter nach 18 Uhr durchsetzt, haben wir alle erstmal gelacht: „Verstehen das Internet nicht!“ „Wollen mit alter Klassenkampfrhetorik gegen die großartige Vernetzung ankämpfen!“ „Die armen Volkswagen-Mitarbeiter müssten mal nach Berlin kommen und mit Sascha im Cafe abhängen!“ Das war der Tenor, bei uns im Unternehmen.

Nach ein paar Denkminuten kam dann allerdings das Grübeln. Grundsätzlich halte ich nämlich viel von den Errungenschaften der Arbeiterbewegung und den etablierten Schutzmechanismen, die häufig von denselben Betriebsräten aufgestellt wurden. Natürlich vor allem in Fabriken — in der alten Welt, wo Stechuhren eingesetzt werden. Andererseits: in der ersten New-Economy-Blase um das Jahr 2000 habe ich eine Insolvenz selbst hautnah miterlebt. Der Schutz von Arbeitnehmern kann auch in digitalen Unternehmen ganz schlagartig sehr relevant werden.

Und so stellte sich die Frage, warum eigentlich die Ausbeutungssorgen der VW-Betriebsräte in unserer Branche nicht gerechtfertigt sein sollen? Weil wir alle viel lässiger und selbstbestimmter als die VW-Werker sind? Weil wir private E-mails schreiben oder bei der Arbeit facebooken dürfen, solange wir wollen? Weil die meisten von uns „Alles mit Internet“ einfach so geil finden, dass Schlechtes nur beim Abschalten und offline entstehen kann? Und dann die zahlreichen Studien — über Stress-Effekte durch Einführung von Blackberries und Co, oder über eine Burn-Out-Epidemie, die offenbar nicht nur Kohlebergleute trifft? Mein Fazit: selbst für mich als Durch-und-Durch-Onliner ist die Sache offenbar nicht so einfach zu fassen.

Auf unserem nächsten Firmen-Meeting habe ich dann das Thema einfach mal angesprochen — und zunächst (natürlich?) verwunderte Blicke geerntet. Nach und nach kamen dann interessante Aspekte ans Licht. Eine Kollegin erzählte, dass sie häufig einfach nicht widerstehen könne (man sei ja eh online) und die geschäftlichen E-mails am Wochenende anschauen müsse. Und wenn man sie gelesen habe, sei es halt auch kein langer Weg, eben eine Antwort zu schreiben. Auch wenn die Zeit nicht drängt und die Antwort bis Montag warten kann. Dadurch entsteht jedoch häufig eine Kettenreaktion — drei Leute stehen auf dem Verteiler, fünf weitere auf cc, der nächste schickt seinen Kommentar, weitere fühlen sich genötigt mitzumachen – eigentlich ohne Druck, aber letztlich schon, weil man nicht als „Wochenend-Blocker“ dastehen oder am Montag als einziger mit einer späten Antwort auffallen will.

Häufig werden am Wochenende oder nach Feierabend Themen in die Runde geworfen, die objektiv bis zum nächsten Tag Zeit hätten oder bis zum Wochenenanfang. Und klar ist natürlich auch, dass der Sog umso stärker ist, je „chefiger“ der Absender einer E-mail ist. Außerdem gehen die Mails vom Chef wiederum oft an größere Verteiler, die dadurch mehr Leute beeinflussen. Im Ergebnis beschäftigen sich viele Leute in Ihrer freien Zeit „ganz automatisch“ unnötig mit Arbeit.

Natürlich meldeten sich auch Kollegen zu Wort, die diese Art permanenter Erreichbarkeit und Diskussionsbereitschaft für absolut wünschenswert halten und nicht missen möchten – was die Sache natürlich noch komplizierter macht.

Was also tun? Unsere E-Mail-Server am Wochenende abzuschalten, geht nicht, sie stehen bei Google, und da wir für unsere Kunden 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche erreichbar sein müssen, brauchen wir ein Not-Kommunikations-System, das immer bereit steht. Mit bestimmten E-Mail-Betreffzeilen oder technischen Filtern („Dringend!“) zu arbeiten, um unwichtige E-mails zu erkennen, haben wir auch verworfen. Wenn man sich die Subtilität der Aufmerksamkeitsmechanismen oben ansieht, wird klar, warum – die meisten würden einfach nicht widerstehen können die email eben doch zu lesen – und sei es aus Sorge, dass alle anderen dies tun. Und ein formelles Regelwerk oder eine personelle E-mail-Kontrollstelle kam ebensowenig in Frage.

Als einzig sinnvoller Ansatz blieb der Versuch, die Email-Kultur über eine Verhaltensänderung bei denen zu ändern, die E-mails versenden: Kurz zu überlegen, ob die Kollegen im Feierabend oder im Wochenende sind, und ob die Sache jetzt wirklich dringend ist? Ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass eben nicht jeder souverän entscheidet ob er/sie jetzt freihaben will, sondern dass die Mechanismen subtiler sind.

Mir persönlich fällt das schwer. Denn gerade in „Nebenzeiten“ entstehen viele Gedanken, und ich neige dazu, E-mails mit „Müssen wir unbedingt machen!“ direkt und sofort an die Kollegen zu schicken. Aber ich gebe zu, dass ich das tue, um mich selbst zu erleichtern — bei mir ist die Aufgabe damit weg aus dem Wochenende. Dass sie andere unnötigerweise aus dem selbigen zu reißen droht, war mir bisher einfach kaum bewusst.

Darum haben wir vereinbart, aufmerksamer zu sein und unwichtige E-mails am Wochenende eben in den Entwürfen zu speichern, oder die Idee an anderer Stelle zu notieren. Das ist nicht leicht und man muss sich immer wieder disziplinieren — aber das E-mail-Aufkommen am Wochenende ist dadurch definitiv gesunken in letzter Zeit. Es gibt außerdem einen angenehmen Nebeneffekt: das Thema bekommt mehr Aufmerksamkeit, weil wir uns plötzlich eingestehen, dass es auch in Ordnung sein sollte, offline zu sein. Und dass die Mechanismen, die uns davon abhalten, häufig viel impliziter und damit auch bedrückender sein können.

Ob unsere selbstauferlegte Disziplinierung dauerhaft funktioniert, kann ich noch nicht sagen — Selbstkontrolle und Aufrufe zu gutem Verhalten ringen altgedienten Betriebsräten sicherlich oft nur ein müdes Lächeln ab. Aber wir müssen das Problem irgendwie lösen -– und solange es keine Arbeitszeitmodelle dafür gibt (die Ausgleich schaffen oder disziplinieren) oder aber technische Mechanismen, bleibt erstmal nichts anderes übrig, als das Problem so zu minimieren.

Bei uns im Unternehmen würde in dem Zusammenhang übrigens nie jemand offen von Ausbeutung reden. Aber vielleicht kommt die digitale Variante der Ausbeutung nur freundlicher und auf leiseren Pfoten daher — sitzt den Leuten dann aber umso fieser im Nacken und klaut ihnen ihre Zeit. Und natürlich ist es „unfassbar uncool“, solche Regeln auch nur zu diskutieren. Aber wie cool eine Sache klingt, sollte bei ernsthaftem Umgang mit dem Thema irgendwann egal werden. Ich habe bei der Diskussion mittlerweile den Eindruck, dass man sich alte Arbeiterdiskussionen in diesem Kontext durchaus noch einmal ganz genau ansehen könnte — auch wenn man sich in der Debatte dann urplötzlich an der Seite von Betriebsräten und VW wiederfinden könnte. Für mich als Unternehmer eine durchaus ungewohnte Position.

Ach und eines noch — wir sind zufällig eine Firma, die sich offenbar den „Luxus“ leistet, über solche Dinge nachzudenken. Und unsere Lösung ist mehr als brüchig. In vielen Unternehmen können sich die Leute vermutlich nicht darauf verlassen, dass ganz zufällig auch eine derartige Aufmerksamkeits-Diskussion geführt wird. Manche Firmen sind schlicht zu groß für unsere Lösung, oder arbeiten über zu viele Zeitzonen, als dass sie das Problem über Sender-Aufmerksamkeit lösen könnten. In diesen Fällen brauchen wir wohl härtere Lösungen — also vertragliche Mechanismen und Vergütungsmodelle, oder eben E-mail-Server, die Arbeitszeitregelungen kennen und die Mails nur zu büroüblichen Zeiten zustellen. Wir Digital-Heinis sollten jedenfalls aufhören, den Mythos zu nähren, wir hätten all das, wofür Gewerkschaften Jahrhunderte gekämpft haben, mit nur einem Klick überwunden — und sind nun allzeit glücklich mit unserer Arbeit für immer verwoben.

Es stimmt einfach nicht.

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Stephan Noller ist Mit-Gründer und Geschäftsführer von nugg.ad, einem auf Online-Werbung spezialisierten Unternehmen aus Berlin. Er hat die New Economy mitgemacht und im Dezember 2011 den Think Tank D64 mitgegründet.

10 Kommentare

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    frauziefle

    12. Juli 2012

    Zum Themenbereich „Feierabend“ kommt außerdem noch der Bereich „Krankheit“ dazu. Mit 40 Fieber noch mal eben Mails checken? Vielleicht zwischen zwei Schüttelfrostanfällen rasch beantworten?
    Ins Büro würde man sich nicht schleppen, allein schon, um die Kollegen nicht anzustecken, aber warum nicht mit Schal um den Hals noch eben den Projektplan glätten und an den nächsten in der Kette forwarden?
    Gibt es dafür (betriebliche) Regelungen?
    Vereinbarungen?

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    tellit5

    12. Juli 2012

    Ich denke, dass es weniger darum geht, wann man Emails bekommt. Der Punkt ist doch: E-Mails sind 20. Jahrhundert. Heute bekommen wir alle viel zu viel davon, 7 Tage die Woche, die meisten eher Zeitfresser, die nicht wirklich für die anstehenden Aufgaben zielführend sind. Mehr noch, unser Arbeitstag wird durch die E-Mail bestimmt. Kommt eine wichtige Mail rein, „muss“ sofort agiert werden (ToDo- und Prio-Liste ade!). Es gibt inzwischen so viel bessere, modernere Tools, um miteinander zu kommunizieren. Twitter und Facebook machen es vor, immer mehr Unternehmen setzen solche Lösungen intern ein, das ein oder andere vielleicht auch nur deshalb, weil ihr PM-Tool-Hersteller ein entsprechendes Feature bringt. Und plötzlich sinkt das E-Mail-Aufkommen ganz gewaltig, die Leute sind zufriedener, weil sie besser vorankommen – und ihr Tag eben nicht mehr durch den Posteingang bestimmt ist.

    Die Digital-Heinis bei Atos haben das übrigens schon in Angriff genommen: http://www.golem.de/news/atos-wir-werden-die-abschaffung-der-e-mail-durchsetzen-1204-90920.html

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    Sven Dietrich

    13. Juli 2012

    Schöner Artikel. Ich lese am Wochenende niemals Job-Mails, von Telefonisch begleiteten Notfällen ein- bis zweimal im Jahr mal abgesehen.

    Warum sollte ich das machen?

    Das ist keine Frage der Tools oder der Filter, sondern generell eine Frage der Einstellung. Es ist völlig normal und absolut in Ordnung, außerhalb der Arbeitszeit dann doch mal offline zu sein.

    Die Wochenende gewinnen mit meinem Verzicht auf Job-Mails deutlich an Qualität und Akkulaufzeit.

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    Johan

    13. Juli 2012

    Kann tellit5 nur zustimmen. In vielen Fällen ist E-Mail wirklich das ätzendste Medium. Gerade für „man müsste mal“ ist speichern in den Entwürfen auch nur ein blödes Workaround. In der Regel bedeutet das ja nur, dass eine erste Idee noch überhaupt nicht so weit ist, dass man sich sinnvoll mit ihr befassen kann.

    Seit wir bei uns konkrete Tools zur Know-How-Sammlung, PM etc. gebastelt haben (podio ist ein Gott) sinkt das Mailaufkommen kontinuierlich. In den Mails und in den Chats landet nur noch wirklich dringendes.

    Außerdem ist bei uns so, dass die meisten schon mitdenken. Wochenende und Feierabend wird für extrem wichtige Dinge gestört. Das ist halt Beratung.

    Auf der anderen Seite: Kranke Kollegen von der Arbeit fernzuhalten und Ihnen zu zeigen, dass es auch eine zeitlang ohne sie geht ist auch kein einfaches UNterfangen.

    BTW: Wann verabschiedet man(in terms of Mehrheit / öfftl. Wahrnehmung) sich eigentlich mal von der bekloppten Denke, dass Arbeitszeit und Arbeitszeitpunkt etwas über Effizienz und Qualität aussagen würden

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    Christian S.

    13. Juli 2012

    Wenn man am Wochenende keine Job-Mails lesen will, und es spricht ja einiges dafür, dass das sinnvoll ist, führt nichts an einer strikten Trennung in Privat- und Diensthandy/device(s) vorbei. Und dann muss der Arbeitgeber die Dienstgeräte ab Freitag X Uhr eben ausschalten können. Alles andere sind halbgare Lösungen, die sich nach einer Weile wieder selbst abschaffen. In der Anfangszeit sind solche Selbstverpflichtungen wirksam, nach einer gewissen Dauer schleift sich eine Gewöhnung ein („Eine Mail geht schon“) und irgendwann klappt’s gar nicht mehr.

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    Falko

    13. Juli 2012

    Schöner Artikel! Und natürlich noch viel schönere Aktion. Bin gespannt wie sich das auf längere Sicht entwickelt, ob ihr das in die Firmenkultur übernehmen könnt.

    Bzgl. Instant Messaging kann ich nur warnen… wir setzen das bei uns sehr viel ein. Der Effekt ist, daß ich teilweise 5 oder mehr IM Fenster auf habe und die Leute natürlich alle erwarten, dass man ihnen sofort antwortet. Das ist fast noch schlimmer als eMail. Hierbei ist vor allem darauf zu achten, das die IM Dialoge gespeichert werden und durchsuchbar sind. Es werden ja teilweise Entscheidungen getroffen die irgendwie nachvollziehbar sein müssen. Bei eMail ist dies einfacher.

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    Falko

    13. Juli 2012

    @Christian: ich finde den Ansatz von Stephan eigentlich besser. Es sollte in der Unternehmenskultur verankert werden und nicht durch eine technische Lösung erzwungen werden.
    Theoretisch sollte jeder selbst in der Lage sein zu entscheiden ob er am Wochenende dienstl. eMails liest oder nicht. Das dies in der Praxis leider nicht funktioniert wissen wir alle. Technische Lösungen neigen dazu mit anderen Methoden umgangen zu werden oder verhindern ggf. wichtige Kommunikation wenn man sie braucht.

    Wenn das wie in Stephans Beispiel hier „von oben“ vorgelebt wird, kann sich das positiv in der Unternehmenskultur einnisten. Wie Stephan beschreibt existiert zuerst ein sozialer Druck durch das Beantworten/Schreiben von eMails am WE. Wir dies aber über ein positives Beispiel aus der Chefetage umgekehrt und ggf. bei „Verstoss“ auch angesprochen, kehr sich dieser Druck um. Dann ist man eher Aussenseiter, wenn man doch am WE unnötige eMails schickt.

    Dieses kostenlose, geräteunabhängige System kann viel besser viral wirken und sich als gutes Beispiel auf andere Unternehmen ausbreiten.

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    Wiels

    13. Juli 2012

    Ich bin froh um jeden, der eine E-Mail schickt, anstatt anzurufen. Die viel nervigere Unterbrechung ist immer das Telefon. Und noch schlimmer, wenn zwei von den Dingern gleichzeitig klingeln. Bei Mails hat es sich für mich bewährt, nur auf die sofort zu reagieren, die sich mit einer Zeile beantworten lassen. Das meiste andere lasse ich etwas liegen, bis ich Zeit finde – manches erledigt sich bis dahin auch von selbst. Großer Vorteil von Mails, da stimme ich Falko völlig zu, ist außerdem, dass ich nichts mehr dokumentieren muss, da ja alles schon schriftlich vorliegt.

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    Thomas

    3. August 2012

    Interessant ist ja nicht nur der Aspekt bzgl. der E-Mails, sondern auch die Haltung, dass Mitarbeiter am Wochenende erreichbar sein müssen. Und was macht der Laden? Ist es ein Krankenhaus, wo man für Notfälle von Leben und Tod bereit sein muss? Läuft da ein Hochofen, den man nicht abschalten kann und der permanent gewartet und ungeheure Energiemengen verschlingt und kaputtgeht, wenn man ihn nicht dauernd füttert? Nein, die Jungs und Mädels machen einfach nur Werbung, also etwas, was durchaus zwei Tags warten kann. Und was ich mich frage: diese angedeutete Bereitschaft der Mitarbeiter scheint alle Mitarbeiter zu betreffen und nicht nur bestimmte, dafür vorher abgestellte Mitarbeiter, die für diese Bereitschaft auch bezahlt werden. Im Falle einer bezahlten Bereitschaft wären E-Mails ja schliesslich kein Problem.

    Und was das technische Problem „Mailserver bei Google“ anbelangt: das ist ein schlechter Witz. Was muss nugg.ad den für eine lächerliche Bude sein, wenn dort niemand einen Mailserver aufsetzen kann? Mir wäre es für mein Unternehmen peinlich, so ein Statement machen zu müssen, wenn gleichzeitig Hobbyisten, z.B. Gamer in ihrer Freizeit komplette Kommunikationsinfrastrukturen für ihr Hobby aufbauen können.

    Und dann die gespielte Hilflosigkeit: „solange es keine Arbeitszeitmodelle gibt, müssen wir das Problem irgendwie minimieren“. Da frage ich mich, was so ein Geschäftsführer bei der nugg.ad so den ganzen Tag macht, wenn das Geschäft führen ganz offensichtlich nicht zu seinen Aufgaben gehört, denn die Entwicklung von Arbeitszeitmodellen ist eine der Aufgaben eines Geschäftsführers, die ihm eigentlich auch niemand anderes abnehmen kann.

    In dem Zusammenhang wundert es einen dann auch nicht, dass auch für das E-Mail-Problem keine Lösung gefunden werden kann, außer dem Wunsch an Alle, weniger zu kommunizieren. Und damit sind wir auch bei einem Phänomen unserer Zeit: heute versteht sich fast jeder als Getriebener von Umständen, die er seiner Meinung nach nicht bestimmen kann, selbst wenn die Gestaltung ganz offensichtlich in den eigenen Händen liegt. Das ist meiner Meinung nach eine absurde und vollkommen unreflektierte Haltung, wenn sie denn erst gemeint und nicht nur ein Vorwand ist.

    Die angesprochene Arbeiterbewegung hat hingegen immer versucht, dort Gestaltungsmacht zu erringen, wo sie keine hatte und wo von den Gestaltern auch eine Teilung ihrer Gestaltungsmacht vehement abgelehnt und bekämpft wurde. Somit waren die Arbeiter von damals bei deutlich widrigeren Umständen als heute, mehr „Unternehmer“ als die „Privatbeamten“, mit denen wir es in den Unternehmen an leitender Position heute zu tun haben.

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