„Free as in ‚free speech‘ not as in ‚free beer.’“ – mit diesem berühmten Zitat von Richard Stallman, dem Gründer der Free Software Foundation, eröffnete Leonhard Dobusch seinen Impuls zum Thema „Open Source und Gemeinnützigkeit“ beim jüngsten Open Source Talk von D64. Mit diesem Zitat betonte er die politische Komponente von Open Source und als solche kann Open Source Software (OSS) selbst dann gemeinnützig sein, wenn sie später kommerziell genutzt wird.
Für ihn ist die Offenheit der Schlüssel zum Erfolg von Open Source Software und er verglich diese Offenheit mit der Wissenschaft, bei der ja auch in der Regel Ergebnisse veröffentlicht werden, die dann von allen weiter verwendet werden können.
Für offen lizenzierten Software-Quellcode gilt dasselbe: wie wissenschaftliches Wissen ist er ein (digitales) Gemeingut, ein Commons. Nach der Definition von Wikipedia sind Commons „Ressourcen […], die aus selbstorganisierten Prozessen des gemeinsamen bedürfnisorientierten Produzierens, Verwaltens, Pflegens und/oder Nutzens (Commoning) hervorgehen.“ Es findet dabei aber kein unmittelbar reziproker Austausch von Gegenleistungen wie bei Marktplätzen statt.
Um dies zu verdeutlichen, verglich Dobusch marktbasierte Plattformen wie AirBnB und Uber mit commons-basierter OSS. Bei ersteren vermitteln die Plattformen, es kommt aber schließlich zu einem Austausch von Leistungen: Eine Fahrt oder eine Wohnung wird gegen Geld zur Verfügung gestellt. Die Plattformbetreiber kassieren eine Gebühr.
OSS funktioniert anders. Entwickler:innen von Software stellen diese digital zur Nutzung zur Verfügung und erhalten von den Nutzenden dafür erstmal keine dem Beitrag entsprechende, reziproke Gegenleistung. Die Entwickler:innen bekommen auch dann erstmal keine Vergütung, wenn Nutzende damit Geld verdient. Gleichzeitig profitieren sie potenziell natürlich trotzdem von Beiträgen anderer zum Open-Source-Software Commons – von kleinen Bugfixes bis zu Weiterentwicklungen.
Dieses Konzept ist mittlerweile so erfolgreich, dass fast keine Software noch ohne Open Source Komponenten auskommt. Ein besonders herausragendes Beispiel ist die Wikipedia, die teure Enzyklopädien komplett vom Markt verdrängt hat. „Schlecht für’s BIP, gut für den Wohlstand“, so Dobuschs Kommentar dazu.
Aber genau diese „nicht-marktliche Produktion“, diese Erzeugung von Gemeinwohl bedingt die Gemeinnützigkeit der Software.
Dobusch unterschied drei gemeinnützige Bereiche: Da ist zum einen die Ebene der Meta-Organisation. Das sind Verbände oder Gemeinschaften, die sich für Open Source einsetzen. Die Open Source Business Alliance oder die Linux Foundation sind hier die Beispiele. Dann gibt es den Bereich der Entwicklungsorganisationen, die wie zum Beispiel Mastodon Open-Source-Software-Plattformen entwickeln. Der dritte Bereich sind die Anwendungsorganisationen, die sich zu Konsortien zusammenschließen, um Software für offen für die eigene Nutzung. Hier gibt es zum Beispiel im Energiesektor erste spannende Initiativen.
Dem engagierten Impuls schloss sich eine rege Diskussion an, bei der die einzelnen Aspekte nochmals beleuchtet wurden. Ein wesentlicher Punkt in der Runde waren dann aber die mangelhaften und sehr restriktiven Regeln zur Gemeinnützigkeit in Deutschland. Bestes Beispiel dafür ist die gGmbH Mastodon, der hierzulande die Gemeinnützigkeit entzogen wurde. Ein in den USA gegründeter Ableger ist dort hingegen sehr wohl steuerbegünstigt. Andere Initiativen begründen ihre Gemeinnützigkeit mit einem Beitrag zum Bildungswesen oder zur Wissenschaft. Österreich macht es da seit kurzem besser. Statt mit mühsamen Definitionen zu arbeiten, wird im wesentliche auf gemeinnützige Rechtsform abgestellt und der Anteil vom Gewinn gedeckelt, den Unternehmen steuerbegünstigt an gemeinnützige Organisationen spenden dürfen. „Es ist noch zu früh, das zu beurteilen“, so Dobusch, „es scheint aber gut zu funktionieren“.
Das sollte damit auch die Marschroute für Deutschland sein, denn was dem Gemeinwohl mehr dient als privater Vermögensmehrung, sollte auch als gemeinnützig gelten. Open Source gehört in vielen Bereichen dazu.