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So startet D64 in das neue Jahr 2021

Wir wünschen all unseren Mitgliedern, FreundInnen und UnterstützerInnen ein frohes und gesundes neues Jahr 2021! Dieses Jahr steht viel an: zum einen gilt es weiter die Corona Pandemie zu bekämpfen. Zum anderen ist 2021 ein Superwahljahr mit sechs Landtagswahlen und der Bundestagswahl.

Auch digitalpolitisch gibt es viele wichtige Themen: die EU Kommission hat im Dezember einen Vorschlag zum Digital Services Act vorgelegt, welcher nun von Europaparlament und Ministerrat bearbeitet wird. Die Pandemie hat spätestens jetzt gezeigt: Digitalpolitik und die Digitalisierung können keine Nebendarstellerinnen im politischen Betrieb bleiben, sondern gehört zu den wichtigsten Politikfeldern unserer Zeit. Die Digitalisierung von Schulen und Bildung, sowie die Fragen, welche sich daraus ergeben, werden uns auch in diesem Jahr begleiten.

Wie wir die Digitalisierung sozial gerecht und progressiv gestalten können, haben wir als Verein im Rahmen mehrerer Veranstaltungen und Aktionen erörtert und diskutiert. Beginnend mit unserem letzten größeren Präsenzevent – dem Neujahrsempfang 2020 – über unsere neue digitale Reihe #D64diskutiert bis hin zu unserer digitalen Superklausur im Dezember, haben wir Raum für Diskurs geboten und unsere Positionen als Verein entwickelt.
Daneben haben unsere Mitglieder Stellungnahmen zur Urheberrechtsreform und dem Weißbuch KI der Europäischen Union erarbeitet. Wir haben Beiträge und Forderungen zu Nachhaltigkeit, Kidfluencing und Digitalen Wahlen veröffentlicht. Außerdem haben wir die Grundbedigungen für eine zukunftsfähige Bildung ausformuliert.

Einer unserer wichtigsten Erfolge haben wir bei der Entwicklung der Corona-Warn-App erreicht: Mit einem offenen Brief an den Gesundheitsminister Jens Spahn und Kanzleramtsminister Helge Braun, konnten wir auf eine datenschutzfreundliche Gestaltung hinwirken. Unser Co-Vorsitzender Henning Tillmann beobachtete die Entwicklung der App von Beginn an intensiv und kommentierte die Ereignisse aus D64-Perspektive, wie beispielsweise in diesem Artikel für Zeit Online.

Auf diese Arbeit werden wir 2021 weiter aufbauen. Mit unserem im Dezember neu gewählten Vorstand werden wir das Superwahljahr nutzen, um weiterhin eine Vision für eine partizipative und gerechte digitale Zukunft zu entwickeln. In unserer Veranstaltungsreihe #D64diskutiert werden wir weiter mit Expertinnen und Experten aktuellen digitalpolitische Themen diskutieren. Pünktlich zur Bundestagswahl werden wir erneut unseren Digitalthesencheck launchen, mit dem sich die unterschiedlichen digitalpolitischen Positionen der Parteien vergleichen lassen. Mit unseren weiteren Angeboten wie dem D64-Ticker unserem Quarterly Newsletter informieren wir zudem regelmäßig zu aktuellen digitalpolitischen Themen und wollen eine gemeinsame Diskussionsgrundlage fördern.

Nachdem wir inzwischen fast 650 Mitglieder zählen, arbeiten wir parallel intern stark daran, unsere regionalen Strukturen und unseren Netzwerkcharakter zu fördern. Ein besonderes, richtungsweisendes Highlight wird zudem das aktuelle Projekt unseres Beirats: gemeinsam erarbeiten unsere Beirätinnen eine Utopie für eine digitale Zukunft 2030, die unsere Arbeit und Vision bereichern soll. Mit diesen Projekten starten wir motiviert das neue Jahr. Wir wollen Digitalisierungsprozesse auch in diesem Jahr entsprechend unseres Mission Statements konstruktiv begleiten. Wir freuen uns stets auf engagierte MitstreiterInnen und wenn ihr euch an unserer Mission beteiligen wollt, geht’s hier direkt zum Mitgliedsantrag.

Netzpolitik 2016: A new hope!

Was haben wir über 2015 gezetert. Es war ein netzpolitisches Katastrophen-Jahr, stellvertretend sei hierzu nur die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung zu nennen. Und doch war unser Anspruch immer mehr als nur die ewigwährende Diskussion um die gleichen Themen. Deshalb hieß es auch wieder im D64-Jahresbericht 2015: “2016 wird unser Jahr!”

Umso erfreulicher sind bei näherer Betrachtung drei Dinge, die auf dem ersten Blick nichts miteinander zu tun haben:

1. Die Abschaffung der WLAN-Störerhaftung
2. Die Berufung von Leonhard Dobusch in den ZDF-Fernsehrat
3. Der erste hauptamtliche Mitarbeiter von D64

This is not the Wifi you’re looking for:

Es sind die kleinen Schritte, die uns voranbringen. Die Koalition hat sich nun doch dazu durchgerungen die Weichen für ein digitaleres Deutschland zu stelle. Der aktuelle Gesetzentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes schafft endlich Rechtssicherheit für die Betreiber offener WLANs und kann die digitale Infrastruktur in unserem Land mit einem Schlag auf internationales Niveau heben. Immerhin.

Lange haben die unionsgeführten Ministerien blockiert. Das sich am Ende die vernünftigste aller Lösungen durchgesetzt hat, verdanken wir den engagierten Netzpolitikerinnen und Netzpolitikern in den Parteien, darunter insbesondere unserem Gründungsmitglied, Lars Klingbeil.

Egal, wie lange sich die Verhandlungen hinziehen: die Netzpolitiker*innen haben sich durchgesetzt und wir wissen nun, dass sich durch Beharrlichkeit und gerade Linien sinnvolle Lösungen für den digitalen Fortschritt durchsetzen lassen. Wir blicken gespannt auch auf die anderen, noch größeren Baustellen für die digitale Agenda, wie Breitbandausbau, Bildung, Arbeitsmarkt und Sozialsysteme.

Leonhard Dobusch und der galaktische Senat:

“Als Anwalt des Zuschauers” vertritt der ZDF-Fernsehrat die Interessen der Allgemeinheit gegenüber dem ZDF. Nach einem Urteil des BVerfG wurde der Fernsehrat kürzlich reformiert und das Land Berlin hat den Chaos Computer Club (CCC), eco – Verband der Internetwirtschaft, media.net berlinbrandenburg e.V. und uns, D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt e.V., aufgefordert eine*n Vertreter*in aus dem Bereich Internet zu benennen.

Schnell herrschte Einigkeit, dass unser Mitglied und Mitverantwortlicher für unsere D64-Initiative zur Förderung von Creative Commons, Leonhard Dobusch, die ideale Besetzung für diesen Posten ist. Wir freuen uns, dass sich Leonhard schnell bereit erklärt hat, seine Nominierung anzunehmen. Haltet Ausschau nach #fernsehrat, Leonhard wird berichten!

Verstärkung für D64:

Inzwischen zählt D64 über 400 Mitglieder und ist damit einer der mitgliederstärksten netzpolitischen Vereine in Deutschland. Das verschafft dem Verein nicht nur neue finanzielle Mitteln sondern stellt ihn auch vor neue Herausforderungen. Deshalb freuen wir uns, dass die Arbeit des Vorstandes ab sofort von einer studentische Hilfskraft begleitet wird.

Besonders erfreulich ist, dass eine passende Besetzung für diesen Posten aus den eigenen Reihen gewinnen konnten. Neben administrativen Aufgaben ist das Ziel der Arbeit, mehr Aktivität zu stimulieren und die Mitgliederbasis in der Breite besser einzubinden.

Es geht voran! Und wir wollen genau dort weitermachen, wo wir aufgehört haben: Weiter Impulse setzen, Debatten anstoßen und kritisch die netzpolitischen Herausforderungen der nächsten Jahren begleiten.

Für den D64-Vorstand
Lutz Mache, Schatzmeister

Bild: CC0 1.0 Universal (CC0 1.0) Fer_D | flickr.com https://flic.kr/p/wipMUj

Der Neujahrsempfang live, in Farbe, und bunt!

Update vom 29. Januar: Hier gibt es jetzt den Zusammenschnitt der Veranstaltung.

Heute (27. Januar 2016) findet ab 19 Uhr der Neujahrsempfang von D64 statt. Und nicht nur für das leibliche Wohl der Gäste, sonder auch für alle anderen Mitglieder, Freunde und Interessierte wurde gesorgt. Zum ersten Mal übertragen wir die Veranstaltung, und insbesondere das Streitgespräch über die zeitgemäße Anpassung des Urheberrechts zwischen Julia Reda , MdEP (Piraten) und Ulrich Kelber (SPD), MdB und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, als Livestream.

Wir bedanken uns bei Contentflow für die Übertragung unserer Veranstaltung.

D64 Vorratsdatenspeicherung Verfassungsbeschwerde

D64 legt Verfassungsbeschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung ein

D64, Zentrum für Digitalen Fortschritt e. V. legt Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ein. Aufgrund der evidenten Verfassungswidrigkeit beantragt D64 die sofortige Außerkraftsetzung im einstweiligen Rechtsschutz.

Die Beschwerde richtet sich gegen den unverhältnismäßig tiefen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis. Die Maßnahmen des Gesetzes sind exzessiv, willkürlich und wirkungslos.

Wir sind davon überzeugt, dass die Vorratsdatenspeicherung gegen das Grundgesetz verstößt und haben deshalb in Karlsruhe eine gründliche Prüfung beantragt,

so die D64-Vorsitzenden Valentina Kerst und Nico Lumma.

Als politisch engagierter, kritischer Verein sehen wir ein Problem darin, dass unsere internen und externen Kommunikationsdaten und unsere Aufenthaltsorte nun für mehrere Monate gespeichert und abrufbar gehalten werden.

Gerade aktuelle Beschlüsse der CDU und CSU bestätigen die Sorge, dass die Vorratsdatenspeicherung zu einem Einfallstor für weitreichende Überwachungsmaßnahmen wird.

So gibt es Forderungen, dass auch der Bundesnachrichtendienst und der Verfassungsschutz umfassend Zugriff auf die Datensammlung bekommen soll.

Der Verfassungsbeschwerde angeschlossen hat sich das D64-Mitglied Jan Kuhlen. „In der vorliegenden Form schränkt mich die Vorratsdatenspeicherung in der freien Ausübung meines Berufes ein“, so der Rechtsanwalt. Ein vertrauensvolles Verhältnis zu seinen Mandanten sei schwierig, wenn eine Überwachung der Kommunikation durch staatliche Institutionen zum Standard wird.

Vertreten werden die Beschwerdeführer von Rechtsanwalt Prof. Niko Härting, der als ausgewiesener Experte für Internetrecht und Datenschutz gilt.

Keine Kompromisse! VDS auf dem SPD-Parteikonvent

Das Präsidium des SPD-Parteivorstandes hat einen Initiativ-Antrag vorgelegt, mit dem auf dem Parteikonvent am Samstag die Unterstützung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) in Form des Gesetzesentwurfs von Heiko Maas und Thomas de Maizière beschlossen werden soll. Es ist sicher fraglich, woher dieser Antrag seinen Initiativ-Charakter bezieht, denn schließlich haben es über 100 Gliederungen geschafft, einen Antrag zum Thema VDS fristgerecht einzureichen. Und wo genau dieser Antrag einen Kompromiss zu den bisherigen Anträgen darstellt ist auch nicht ersichtlich – denn schließlich sprechen sich alle anderen Anträge GEGEN eine Vorratsdatenspeicherung aus, während der Antrag des PV sie befürwortet. Der ganze Vorgang ist ein taktisches Manöver, das allein dem Ziel dient, irgendwie eine Unterstützung für den Gesetzentwurf zu erzeugen, obwohl so viele Gliederungen bereits ihre ablehnende Haltung geäußert haben.Aber auch inhaltlich kann der neue Antrag die Kritik an der Vorratsdatenspeicherung und dem aktuellen Gesetzesentwurf nicht beseitigen. Das Hauptargument des Antrages ist, dass sich die bisherigen Beschlüsse (auch der des SPD-Bundesparteitags 2011) gegen die Vorratsdatenspeicherung in Form der (vom EuGH gekippten) EU-Richtlinie stellen, der neue Vorschlag jedoch alles anders machen und einen ganz neuen Ansatz verfolge. Das mag in den Details sogar stimmen, denn die vorgeschlagenen Speicherfristen sind in der Tat deutlich kürzer als in der alten Richtlinie und z.B. Emails sollen aus der Speicherung sogar ausgeschlossen werden. An einer entscheidenden und grundlegenden Stelle ist es aber falsch: Egal, ob es um die EU-Richtlinie oder die neue Variante in Form von „Höchstspeicherfristen“ geht – es handelt sich dabei um ein anlasslose und permanente Speicherung von Verkehrs- und Telekommunikationsdaten aller BundesbürgerInnen. Dieser massive Grundrechtseingriff ist und bleibt unverhältnismäßig und kehrt die Unschuldsvermutung in einen Generalverdacht um.
Es sind vor allem drei Argumente, die im Antrag für eine Vorratsdatenspeicherung herangezogen werden: die Verbesserung der Strafverfolgung, der Schutz personenbezogener Daten durch Regeln und Fristen und die hohen Hürden für die Verwendung der Daten. Alle drei Argumente sind bei näherer Betrachtung nicht stichhaltig.

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So war der D64 Neujahrsempfang 2015

Am 25. Februar fand der D64 Neujahrsempfang statt. Über 300 Gäste verbrachten den Abend mit angeregten Diskussionen und lauschten einer Rede von SPD-Chef Sigmar Gabriel und einer kurzen Diskussion zwischen Lars Klingbeil, MdB und dem D64 Co-Vorsitzenden Nico Lumma.

Wir danken unseren Sponsoren XING, Vodafone, 1&1, Amazon, Arvato, facebook, SAP,nwmd und dem Vorwärts – ohne diese finanzielle Unterstützung wäre der D64 Neujahrsempfang in der Größe nicht möglich gewesen!

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Für alle, die nicht anwesend sein konnten, haben wir den offiziellen Teil der Veranstaltung als Video festgehalten.

Begrüßung durch den D64 Co-Vorsitzenden Nico Lumma:

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D64 lehnt das Leistungsschutzrecht ab!

D64 zum geplanten Leistungsschutzrecht für Presseverlage:
Unausgegorener Lobbyismus ist noch keine wirkungsvolle Netzpolitik!

Die Regierungskoalition hat am Sonntag im Koalitionsausschuss beschlossen, dass die Verlegerlobby wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt, ihr gewünschtes Leistungsschutzrecht für Presseverlage bekommen soll.

Im Beschluss der Regierungskoalition heißt es:

„Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen. Damit werden die Presseverlage an den Gewinnen gewerblicher Internet-Dienste beteiligt, die diese – mit der bisher unentgeltlichen – Nutzung der Verlagserzeugnisse erzielen.“ – anders ausgedrückt bedeutet dies, dass künftig professionelle Anbieter den Verlagen dafür Geld geben sollen, dass sie auf deren Inhalte aufmerksam machen und ihnen Leser zuführen.

D64 lehnt das geplante Leistungsschutzrecht für Presseverlage aus folgenden Gründen ab:

  1. Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage bietet nicht wie behauptet einen besseren Schutz des Urheberrechts im Internet. Hier steht eine Reform des Urheberrechts dringend an.
  2. Das eigentliche Problem ist der mangelnde Innovationswille und die daraus resultierenden Herausforderungen für die Geschäftsmodelle der Presseverlage.
  3. Suchmaschinen und Aggregatoren nutzen Textzitate und Verlinkungen, um Nutzer auf interessante Inhalte von Presseverlagen hinzuweisen. Es ist völlig absurd, dass die Verlage Geld dafür bekommen sollen, dass Suchmaschinen und Aggregatoren ihnen Nutzer zuführen.

Die Regierungskoalition hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sie lediglich netzpolitische Nebelkerzen werfen kann, sich dem Kern der Herausforderungen der digitalen Welt aber nicht stellen will.

Das Urheberrecht ist (nicht) das Problem

Dieser Beitrag ist ein Kommentar von Leonhard Dobusch und Mathias Richel auf das Editorial von Olaf Zimmermann in der Zeitung „Politik & Kultur“ vom Deutscher Kulturrat e.V. Das Editorial von Olaf Zimmermann kann man auch schon länger im Netz nachlesen. Dieser Kommentar wird in der nächsten Ausgabe der „Politik & Kultur“ (Nr.02/12) abgedruckt.

Wir veröffentlichen ihn hier vorab, um im Netz, um das es ja auch im Kern geht, die Diskussion zu ermöglichen.

Vor der Digitalisierung war das Urheberrecht nur für Experten ein Thema. Für die Mehrheit der professionell Kunst- und Kulturschaffenden nicht. Und für den Rest der Bevölkerung schon gar nicht. Die Kulturschaffenden hatten zwar damals wie heute formal die Urheberrechte, in der Praxis aber sorgten Marktmacht der großen Verwerter und der Winner-take-all-Charakter der Kulturindustrie dafür, dass die große Mehrheit wenig bis gar nichts an ihren Urheberrechten verdiente. Brotlose Kunst kommt nicht von ungefähr. Nur wenige Glückliche konnten von ihrer Kunst leben und eine winzige prominente Minderheit hatte die Verhandlungsmacht für ein wirklich gutes Einkommen.

Für alle anderen hatte das Urheberecht noch weniger Bedeutung. Selber Werke herzustellen war teuer, sie zu verbreiten noch teurer. Gleiches galt für die Erstellung von Kopien. Vor dem Internet war es gar nicht so einfach, das Urheberrecht zu verletzen. Im Alltag der Masse der Bevölkerung spielte das Urheberrecht keine Rolle.

Heute haben wir das Internet und das Urheberrecht ist für beide Gruppen ein Thema. Zwar kann immer noch nur eine Minderheit von ihrer Kunst alleine leben, zwei Dinge haben sich aber verändert.

Einerseits sind heute so viele Menschen wie nie zuvor kulturschaffend tätig. Erstellung und vor allem Distribution von Kulturgütern ist so günstig wie nie zuvor. Neue Formen des Medienkonsums in sozialen Netzwerken und anderswo führen dazu, dass Nutzung von Kulturgütern immer mehr mit deren gleichzeitiger Verbreitung einher geht. Jugendliche tanzen zu ihrer Lieblinsmusik, filmen sich dabei mit ihrem Handy und verletzten das Urheberrecht, weil sie dieses Video mit ihren Freunden im Netz teilen. Urheberrechtsverletzung steht in der digitalen Gesellschaft an der Tagesordnung.

Andererseits glauben viele professionell Kunstschaffende in ebendiesen alltäglichen Urheberrechtsverletzungen den Grund dafür zu erkennen, warum sie von ihrer Kunst nicht leben können. Was vor dem Internet der Ungerechtigkeit der Kulturindustrie und deren Starprinzip zugeschrieben wurde, dafür wird heute „Gratiskultur“ und Urheberrechtsverletzung im Netz verantwortlich gemacht. Das mag im Einzelfall auch stimmen, in der Regel ist es aber falsch.

Für die Reform des Urheberechts bedeutet das dreierlei: Erstens, das Urheberrecht muss wieder unwichtig werden. Einem fairen Mediennutzungsalltag dürfen Urheberrechte nicht im Wege stehen. Deshalb braucht es auch in Deutschland dringend eine Fair-Use-Klausel, die Remix von Werken im Internet legalisiert. Zweitens, das Urheberrecht muss ein Versprechen einlösen, dass es auch vor dem Internet nicht erfüllt hat, nämlich für die Urheber da zu sein. Ein besseres Urhebervertragsrecht mit unabdingbaren Zweitverwertungsrechten wäre hier ein erster Schritt und würde dazu beitragen, dass Künstler für ihre Leistungen auch fair bezahlt werden. Im Gegensatz dazu nützt den Urhebern eine Schutzfrist weit über deren Tod hinaus nichts. Stattdessen behindert sie Künstler bei der Erstellung neuer Werke, weil die langen Schutzfristen Zugang zu vorhandenen Werken – dem Rohmaterial von Kreativität – behindern. Drittens, und das ist vielleicht das wichtigste, Kunstschaffende und Internetnutzer sind keine Gegner. Die Ungerechtigkeiten im Kulturbetrieb haben weniger mit dem Internet und viel mehr mit Marktmacht und Verteilungsfragen zu tun. Diese Probleme gilt es gemeinsam anzugehen – und das Internet kann dabei vielleicht sogar hilfreich sein.

Beiträge im Bereich „Diskussionen“ sollen zur – klar – Diskussion anregen.
Die Inhalte geben nicht unbedingt die Position des gesamten Vereins wieder.