Welchen Wert hat Freiheit im digitalen Raum und wie kann man diese Freiheit gegen staatliche und privatwirtschaftliche Zugriffe verteidigen? Wie kann Deutschland den Anschluss zur technologischen Weltspitze halten und was hat die Sharing Economy damit zu tun?
Über diese und andere Themen hat D64 am 26. Januar knapp zwei Stunden mit Christian Lindner, dem Bundesvorsitzenden der FDP, und etwa 70 Gästen im Maker Hub in Hamburg diskutiert. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Freiheit – Auch im digitalen Raum?” wollte D64 wissen, wie es die Freidemokraten mit der Freiheit im Digitalen halten und ergründen, wie diese Freiheit gefördert und geschützt werden kann.
Freiheit wird von zwei Seiten bedroht
Der FDP-Chef sprach sich gleich zu Beginn der Diskussion für eine “digitale Eigentumsordnung” aus, mit der das Recht über die eigenen Daten geregelt werde. Weil eine solche Ordnung noch ganz am Anfang stünde, werde die Freiheit des Einzelnen im Digitalen wesentlich durch zwei Akteure maßgeblich bedroht: Staatliche Organe auf der einen, privatwirtschaftliche Akteure auf der anderen Seite.
Lindner forderte mehr Transparenz: Wer wisse denn genau, was private Unternehmen mit Persönlichkeitsdaten genau mache? Eine solche Blackbox dürfe nicht sein, Unternehmen dürften nicht zu groß werden, um anderen die Freiheit zu nehmen.
Er sprach sich daher auch deutlich für eine EU-Datenschutzverordnung aus, die auch das Problem der Datenschutzarbitrage verhindere: Wer jetzt mit personenbezogenen Daten mehr machen will, als in Deutschland erlaubt ist, der ginge einfach nach Irland. Mit EU-weiten einheitlichen Standards könne man dieses Problem beseitigen.
“Ich will nicht digital abstinent sein, nur damit meine Freiheit gewahrt bleibt!” erwiderte Lindner zur Forderung eines Teilnehmers, der zu mehr Datensparsamkeit aufrief.
So befürwortete er z.B. die digitale Patientenakte, die in Notfällen Behandlungszeiten beschleunige und Doppel- und Falschbehandlung vermeide. Diese Daten dürften aber weder von Versicherungen noch von Arbeitgebern genutzt werden können.
Privatunternehmen zu beschränken könne für den Schutz von Daten jedoch nicht reichen. Auch staatliche Akteure seien hier eindeutig zu adressieren, das zeigten schon die Erfahrungen rund um den NSA-Skandal.
Nur ein europäischer Kryptostandard auf Open Source Basis könne die Bedrohung der Freiheit verhindern. Open Source deshalb, weil das ein Maximum an Transparenz gewährleiste.
@c_lindner und @Nico nach ein wenig Wartezeit zum Thema #Freiheit bei #D64 pic.twitter.com/K9F1St8pDT
— Malik Riaz H. Naveed (@MalikRiaz) January 26, 2015
Die Forderung der CSU nach der Einführung der Vorratsdatenspeicherung direkt nach den Anschlägen in Paris bezeichnete Lindner als “pietät- und würdelos”. Der Staat sei verpflichtet, die Privatsphäre des Einzelnen zu schützen und das beziehe sich insbesondere auch auf Metadaten: “Es gab Phasen in Horst Seehofers Leben, da hätte er nicht gewollt, dass seine Frau weiß, wann er wo gewesen ist!” Die CSU Forderung nach “maximaler Sicherheit” bedeute immer Verlust der Freiheit.
Und auch einem weiteren CSU Projekt konnte Lindner nichts abgewinnen: Die Maut sei vermutlich als “Racheakt” der Bayern für den österreichischen Nachbarn zu verstehen, darüber hinaus aus steuerlicher Sicht nicht hilfreich und aus Datenschutzsicht gefährlich. Man könne nicht davon ausgehen, dass es mit dem massenhaften automatisierten Scannen von Autokennzeichen bei dem Abgleich mit KFZ-Steuerdaten bleibe. Vielmehr sei zu befürchten, dass diese Daten später auch für andere staatliche Zwecke missbraucht würden.
Technischen Fortschritt nicht durch Recht von gestern verhindern
Das deutsche und europäische Recht bezeichnete Lindner mehrfach als “Recht 1.0” und forderte daher zeitgemäße Updates.
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