Skip to content

Offener Brief: Die Menschen in Europa zählen auf das EU-Parlament: Kein Platz für biometrische Überwachung!

Sehr geehrte Mitglieder des Europäischen Parlaments, vor wenigen Wochen haben die beiden für die KI-Verordnung (AI Act) zuständigen Ausschüsse im EU-Parlament für ein umfassendes Verbot biometrischer Überwachung gestimmt – und soContinue reading "Offener Brief: Die Menschen in Europa...
Die Menschen in Europa zählen auf das EU-Parlament: Kein Platz für biometrische Überwachung! Offener Brief an die deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments 12. Juni 2023 Foto: Arthur Mazi/Unsplash d-64.org

Sehr geehrte Mitglieder des Europäischen Parlaments,

vor wenigen Wochen haben die beiden für die KI-Verordnung (AI Act) zuständigen Ausschüsse im EU-Parlament für ein umfassendes Verbot biometrischer Überwachung gestimmt – und so ein klares Signal an die EU-Mitgliedstaaten und die EU-Kommission gesendet. Damit stellen sie den Schutz der europäischen Bevölkerung, ihrer Grundrechte und unserer demokratischen Werte ins Zentrum der KI-Verordnung.

Wir, die unterzeichnenden 16 zivilgesellschaftlichen Organisationen, fordern Sie auf, in der bevorstehenden Plenarabstimmung zur KI-Verordnung der Linie der beiden zuständigen Ausschüsse IMCO und LIBE zu folgen und biometrische Überwachung umfassend zu verhindern. Dies beinhaltet ein vollständiges Verbot des Einsatzes von KI-Systemen zum Zweck

  • der biometrischen Fernidentifizierung in Echtzeit im öffentlich zugänglichen  Raum – ohne Ausnahmen!
  • der nachträglichen („ex-post”) biometrischen Fernidentifizierung (mit einer sehr eng definierten Ausnahme [1]), wie es im IMCO-LIBE-Bericht angenommen wurde.


Wenn wir im öffentlichen Raum jederzeit identifiziert, überwacht und verfolgt werden können, kann dies nicht nur unsere Privatsphäre verletzen. Überwachungsmaßnahmen können Menschen davon abhalten, sich frei zu bewegen, sich mit anderen zu versammeln, an Demonstrationen teilzunehmen oder ihre Meinung frei zu äußern. Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich festgehalten, dass die biometrische Identifikation im öffentlich zugänglichen Raum durch eine EU-weite Regelung ausgeschlossen werden muss.

Die Position des EU-Rats zur KI-Verordnung bleibt aber hinter dieser Forderung zurück, da das vorgesehene Verbot von biometrischen Erkennungssystemen voller Schlupflöcher und Ausnahmen wäre. Wir sind deshalb auf Sie angewiesen, denn Sie vertreten die deutsche Bevölkerung im Europäischen Parlament. Helfen Sie, den Menschen den Schutz zu gewähren, den die Bundesregierung ihnen versprochen hat. 

Um unseren öffentlichen Raum vor diskriminierender Massenüberwachung zu schützen, sollten auch andere biometrische Verfahren in der KI-Verordnung verboten werden. Wir bitten Sie, den zuständigen Ausschüssen ebenfalls darin zu folgen, KI-Systeme zur Emotionserkennung im Bereich der Strafverfolgung, der Grenzkontrolle, des Arbeitsplatzes und der Bildung sowie KI-Systeme zur diskriminierenden biometrischen Kategorisierung zu verbieten. 

Das Europäische Parlament muss beim Verbot biometrischer Überwachungssysteme eine starke Position einnehmen, um sie in die Trilog-Verhandlungen einzubringen. Wir hoffen, dass die Menschen in Deutschland und in der ganzen EU in diesem entscheidenden Moment auf Sie zählen können.

Unterzeichnende Organisationen:

AlgorithmWatch
D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt e.V.
AlgorithmWatch CH
Xnet
Wikimedia Deutschland e. V.
Fair Trials
Homo Digitalis
European Disability
Forum Panoptykon Foundation
All Out
Privacy Network
Society Vrijbit Ligue des droits de l’Homme
Anne elbe
EDRi
Electronic Frontier Norway


[1] Eine Ausnahme sieht die Position der Ausschüsse dann vor, wenn eine vorherige gerichtliche Genehmigung für die Verwendung im Rahmen der Strafverfolgung vorliegt und wenn dies für die gezielte Durchsuchung im Zusammenhang mit einer bestimmten schweren Straftat, die bereits stattgefunden hat, unbedingt erforderlich ist.

Erstveröffentlichung bei AlgorithmWatch (12.06.2023)

AG Künstliche Intelligenz

Die AG Künstliche Intelligenz unterstützt den interdisziplinären Austausch zwischen unterschiedlichen Fachrichtungen auf diesem Gebiet. Wir betrachten dieses faszinierende Thema aus verschiedenen Perspektiven. Dabei ist es uns wichtig, sowohl über mögliche Risiken beim Einsatz von KI zu diskutieren als auch konstruktiv das Potenzial von KI für die Gesellschaft hervorzuheben. Aktuell befassen wir uns mit dem Thema Diversität und KI in Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft.

Koordination:

Ramona Greiner ,
Maximilian Gahntz

Auch Interessant

Statt leerer Phrasen ist es Zeit, Digitalpolitik als Gesellschaftspolitik zu begreifen. Einordnung der digitalpolitischen Positionen im schwarz-roten Sondierungspapier

Digitalpolitische Leere: Dem schwarz-roten Sondierungspapier mangelt es an Konzepten

Das schwarz-rote Sondierungspapier enttäuscht in Sachen Digitalpolitik: Statt konkreter digitalpolitischer Konzepte besteht es aus leeren Phrasen. Digitalisierung wird als Selbstzweck präsentiert, während echte Lösungsansätze und ein Verständnis von Digitalpolitik als Gesellschaftspolitik fehlen.
weiterlesen
D64-Sharepic mit zwei Hauptelementen: Links Porträt von Svea Windwehr mit direktem Blick in die Kamera. Rechts Zitat: 'Wir brauchen klare Regelungen gegen Überwachung und für den Schutz der Grundrechte im digitalen Raum.' Darunter: 'Svea Windwehr, Co-Vorsitzende von D64'. Rechts unten D64-Logo. Foto-Credit: D64/Fionn Große.

Zivilgesellschaft fordert digitale Brandmauer zum Schutz der Demokratie

Berlin, 06.03.2024 – Ein breites Bündnis von mehr als 20 zivilgesellschaftlichen Organisationen, initiiert vom progressiven digitalpolitischen Verein D64 und dem Chaos Computer Club (CCC), fordert die Union und SPD zurContinue reading "Zivilgesellschaft fordert digitale Brandmauer zum...
weiterlesen