Die künftige Bundesregierung bestehend aus SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP haben am heutigen Mittwoch ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Im Bereich der Online-Strafverfolgung schlagen die Parteien teilweise neue Wege ein und nehmen dennoch unnötigen Ballast mit. Statt der pauschalen Datensammlung werden aber vor allem gezielte Maßnahmen eingesetzt. So auch das von D64 erarbeite Konzept der Login-Falle.
„Die Login-Falle ist ein zielgerichtetes Instrument der Strafverfolgung, um Straftaten aufzuklären ohne die Allgemeinheit unter Pauschalverdacht zu stellen“
D64-Co-Vorsitzender Henning Tillmann
„Die Login-Falle ist ein zielgerichtetes Instrument der Strafverfolgung, um Straftaten aufzuklären ohne die Allgemeinheit unter Pauschalverdacht zu stellen“, betont D64-Co-Vorsitzender Henning Tillmann. Bei dem von D64 entwickelten Konzept wird bei einem von den Strafverfolgungsbehörden festgestellten Anfangsverdacht eine Login-Falle scharf gestellt. Plattformbetreiber leiten dann bei dem nächsten Login oder Aufruf der Plattform die IP-Adresse automatisiert über standardisierte Schnittstellen an die Strafverfolgungsbehörden weiter, die dann den oder die Anschlussinhaber:in ermitteln können.
„Es ist ein Fortschritt für die Strafverfolgung und die Opfer von Online-Kriminalität, aber auch für die Allgemeinheit, weil eine pauschale Überwachung nicht mehr notwendig sein wird“, erläutert Tillmann.
Dass sich trotz unzähliger Urteile die Vorratsdatenspeicherung im Koalitionsvertrag findet, ist jedoch nicht mehr nachvollziehbar. „Wenn eine Vorratsdatenspeicherung anlassbezogen ist, scheint es auf ein Quick-Freeze-Verfahren hinauszulaufen, was auch eine Grund-Vorratsdatenspeicherung beinhalten kann“, ordnet D64 Co-Vorsitzende Marina Weisband ein. „Dies ist zwar besser als die klassische Vorratsdatenspeicherung, die Ampel wird aber feststellen, dass dieses Instrument durch die Login-Falle möglicherweise gar nicht nötig sein wird“.
D64 wird die Umsetzung des Koalitionsvertrags kritisch-konstruktiv weiter begleiten.
Auch das Verbot biometrischer Massenüberwachung ist ein großer Erfolg für die Zivilgesellschaft. D64 setzt sich gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen aus ganz Europa im ReclaimYourFace-Bündnis für ein Verbot dieser Überwachungstechnik ein. Nun gilt es, dass die neue deutsche Bundesregierung sich auch auf europäischer Ebene für ein solches Verbot einsetzt.
D64 begrüßt außerdem, dass die Ampelparteien anerkennen, dass Schwachstellen in Software hochproblematisch sind und schnellstmöglich geschlossen werden müssen. Ebenso vielversprechend ist die Überarbeitung des Bundespolizeigesetzes unter Streichung der Befugnis zur Online-Durchsuchung und Quellen-TKÜ. Dass Uploadfilter wie auch im Koalitionsvertrag der Großen Koalition 2018 abgelehnt werden, ist zwar löblich, bestärkte die Koalitionsparteien der letzten Bundesregierung jedoch nicht, auf europäischer Ebene diese zu verhindern.
D64 begleitet die Diskussionen zur Online-Strafverfolgung seit Jahren und hat 2016 Verfassungsbeschwerde gegen die von der Großen Koalition verabschiedeten Vorratsdatenspeicherung eingereicht. Das Verfahren ist beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Vor gut einer Woche hat der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof die deutsche Vorratsdatenspeicherung, die aktuell nicht angewandt wird, als rechtswidrig eingeordnet.