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Erster Schritt zum Meilenstein

Stellungnahme von D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt e.V. zur Gründung eines Dateninstituts Die Ampel-Koalition hat sich in ihrer laufenden Legislaturperiode im digital- und netzpolitischen Bereich einiges vorgenommen. Dazu gehört unter anderem die Gründung eines sogenannten Dateninstituts, dessen...
Erster Schritt zum Meilenstein. Stellungnahme zum vorgeschlagenen Dateninstitut. d-64.org

Stellungnahme von D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt e.V. zur Gründung eines Dateninstituts

Die Ampel-Koalition hat sich in ihrer laufenden Legislaturperiode im digital- und netzpolitischen Bereich einiges vorgenommen. Dazu gehört unter anderem die Gründung eines sogenannten Dateninstituts, dessen Auftrag im Koalitionsvertrag im Dezember 2021 wie folgt beschrieben wurde: „Ein Dateninstitut soll Datenverfügbarkeit und -standardisierung vorantreiben, Datentreuhändermodelle und Lizenzen etablieren.“ (KoaV, S. 14) Zum diesjährigen Digitalgipfel legte die Gründungskommission ihren Zwischenbericht mit ersten Empfehlungen vor. Wir beziehen ausführlich Stellung.

Der Zwischenbericht der Gründungskommission skizziert für das Dateninstitut ein funktionales Zielbild, dem wir uns zu weiten Teilen anschließen können. Es stößt aber nicht umfassend auf unsere Zustimmung:

Wir fordern, mittelfristig beim Dateninstitut auch Schlüsselpositionen unserer Dateninfrastruktur anzusiedeln, die sektorenübergreifend wirken. Dies stellt einen nahtlosen Technologie- und Wissenstransfer zwischen infrastruktureller Grundversorgung und anvisierter Projektarbeit sicher. Der Finanzierungsrahmen des Dateninstituts kann daher kostenneutral angepasst werden.

David Wagner, D64-Mitglied und Mitautor der Stellungnahme

Use Cases

Das Dateninstitut, wie von der Kommission vorgeschlagen, anhand von verschiedenen Use Cases zu errichten, stellt sich als pragmatisch dar. Gleichwohl hängt der Erfolg eines solchen Vorgehens maßgeblich von der Auswahl geeigneter Use Cases ab. Wir finden die Auswahlkriterien der Gründungskommission fürs Erste überzeugend. Dabei kommt dem Belang der Skalierbarkeit der Use Cases besondere Bedeutung zu: Keineswegs darf die Gründung des Dateninstituts zu neuen Digitalisierungsleuchttürmen in Deutschland führen. Vielmehr muss in grundlegende Infrastruktur investiert werden, die für eine große Anzahl an Akteuren und Bedürfnissen fruchtbar gemacht werden kann. Um einen effizienten Mitteleinsatz zu gewährleisten und möglichst viele Bedürfnisse abdecken zu können, müssen Doppelstrukturen unbedingt vermieden werden. Obwohl die Gründungskommission jene Gesichtspunkte erkannt hat, vermögen die ausgewählten Use Cases nach Einschätzung von D64 nicht zu überzeugen.

Transparenz & Finanzierung

Der eng gesteckte Zeitplan für die Gründung des Dateninstituts darf weder zu einer Verkürzung der Beteiligungsmöglichkeiten noch zu einer eingeschränkten öffentlichen Kontrolle führen. Im Hinblick auf die eingeforderte öffentliche Kontrolle regt D64 an, dass die Gründungskommission nicht nur ihre Entscheidungsmaximen zu erkennen gibt, sondern alle eingereichten Use Cases mitsamt der jeweiligen Evaluation offenlegt, sowie die Protokolle der vorab durchgeführten Workshops.

Das Dateninstitut sollte als eine wesentliche Infrastruktur für das Gelingen der Digitalisierung in Deutschland angesehen werden. Dem ist durch eine hinreichende Grundlagenfinanzierung Rechnung zu tragen, in deren Höhe sich die Bedeutung des Dateninstituts widerspiegelt. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass sich das Dateninstitut auch – kumulativ – durch Entgelte für die Inanspruchnahme verschiedener Serviceleistungen finanzieren kann. Insoweit tritt D64 aber dafür ein, dass entsprechende Entgelte die Kosten für die in Anspruch genommenen Services nicht überschreiten dürfen. Anderenfalls werden im Hinblick auf die Gemeinwohlbindung des Dateninstituts falsche Anreize gesetzt. Nur sofern keine finanziellen Anreizstrukturen bestehen, wird es dem Dateninstitut gelingen können, großes Vertrauen bei allen Stakeholder:innen zu erlangen. Die Deckelung auf Aufwandsentschädigungen schließt es weiterhin nicht aus, dass wissenschaftliche und gemeinnützige Organisationen die Services des Dateninstituts zu privilegierten Bedingungen in Anspruch nehmen können. Entsprechende finanzielle Aufwände sind grundsätzlich als eine Investition in eine funktionierende Gesellschaft sowie als Investition in den Wissenschaftsstandort Deutschland zu betrachten.

Privilegierung des Dateninstituts bei der Datenschutzaufsicht

Die Gründungskommission strebt einen privilegierten Zugang des Dateninstituts zu den Aufsichtsbehörden an. Dies soll insbesondere für die Datenschutzbehörden gelten. Dort pocht die Gründungskommission auf „feste Ansprechpartner […], die befugt sind, gemeinsam mit dem Dateninstitut eine bindende Lösung für die jeweiligen Use Cases zu entwickeln“. In dieser Forderung wurzelt der nachvollziehbare Wunsch nach „Durchschlagskraft“. D64 hat aber Bedenken, ob die angestrebte Ausgestaltung in den geltenden Rechtsrahmen passt. Die DSGVO gibt mit der Zertifizierung i. S. d. Art. 40 DSGVO und Verhaltensregeln i. S. d. Art. 42 DSGVO die zulässigen Formen der Standardisierung grundsätzlich abschließend vor. Diese Instrumente sind nicht ohne Weiteres dazu imstande, eine „bindende Lösung“ – also eine Zusicherung der Rechtmäßigkeit für die Zukunft – zu generieren. Dies ergibt sich aus einem Gegenschluss zu den Art. 24, 25 und 32 DSGVO, die ein Rückgriff auf jene Instrumente jeweils nur als eine widerlegliche Vermutung für die Compliance der jeweiligen Normadressaten werten. Im Übrigen hegt Art. 57 DSGVO den Aufgabenbereich der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörden abschließend ein. In diesen normativen Fundus fügt sich eine metaphorische „Standleitung“ zu dem Dateninstitut nicht ohne Weiteres ein. Zudem nehmen die Aufsichtsbehörden ihre Aufgaben und Befugnisse gemäß Art. 52 DSGVO „völlig unabhängig“ wahr. Eine Kooperation zwischen Aufsichtsbehörden und Dateninstitut lässt sich demnach nicht vom nationalen Gesetzgeber normativ verordnen; allenfalls kann sie sich in der Praxis einstellen.

Zielbild für ein deutsches Dateninstitut

Wenngleich der Zwischenbericht der Gründungskommission nicht in allen Teilen den Zuspruch von D64 findet, so ist es ihr gelungen, eine eminente Lücke in der deutschen Institutslandschaft zu identifizieren. Das entwickelte Zielbild für den funktionalen Handlungsauftrag des Dateninstituts deckt sich in weiten Teilen mit den Erwartungen und Hoffnungen, die D64 mit einem deutschen Dateninstitut verbindet. Wir treten aber bereits heute dafür ein, dass Dateninstitut noch stärker im Kontext des Data-Governance-Acts (DGA) zu denken.

Das Dateninstitut hat das Potenzial, ein wirklicher Meilenstein in der Digitalisierung Deutschlands in den kommenden Jahren zu sein. An seinem Erfolg wird sich die Regierungs-Koalition messen lassen müssen. Transparenz und nachhaltige Partizipation auf allen föderalen Ebenen ist dafür absolut wichtig. Anwender:innen sitzen oft auf kommunaler Ebene in Hamburg, Moers oder Halle und haben nicht dieselben Möglichkeiten, zur Sammlung, Bereitstellung und Nutzung von Daten wie größere Akteur:innen auf anderen Ebenen.

Anne Schwarz, Co-Vorsitzende von D64

Die gesamte Stellungnahme zum Dateninstitut haben wir inklusive ausführlicherer Anmerkungen und neun weiteren Anregungen für die Gründungskommission auch als PDF hier zum Download verfügbar:

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