Im Digital-Thesen-Check befragt D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt demokratische Parteien zu Europa- und Bundestagswahlen zu acht zentralen digitalpolitischen Thesen. Die Antworten unterstützen Wähler:innen dabei, sich eine fundierte Meinung zur Digitalpolitik zu bilden.
Anders als üblich basiert der Check dieses Mal nicht auf direkten Antworten auf Wahlprüfsteinen, sondern auf der Analyse der Wahlprogramme. Denn die Mehrheit der Parteien hat wegen der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 nicht auf unsere Wahlprüfsteine reagiert.
Das Ergebnis der Auswertung ist der Digital-Thesen-Check zur Bundestagswahl 2025.
Auswahl der Fragen und analysierte Wahlprogramme
D64-Mitglieder haben die Wahlprogramme folgender Parteien geprüft: SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Volt war die einzige Partei, die unsere Wahlprüfsteine beantwortet hat – hier liegt also eine direkte Einschätzung vor.
Die acht Thesen für den Digital-Thesen-Check wurden wie auch schon in der Vergangenheit gemeinsam im Verein entwickelt. Aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit haben wir uns auf aktualisierte Thesen aus vergangenen Wahlen gestützt, die weiterhin relevant sind. Die Themen lassen sich in drei zentrale Blöcke unterteilen:
- Zugang und Offenheit: Open Data und Open Source
- Sicherheit und Schutz von Nutzer:innen: Gesichtserkennung, Vorratsdatenspeicherung, Anonymität im Netz, Umgang mit Sicherheitslücken und digitale Gewalt/Hass im Netz
- Teilhabe: Digitale Angebote
Die detaillierten Thesen finden sich auf unserer Webseite:
Die Ergebnisse im Überblick
Da sich der Digital-Thesen-Check in weiten Teilen auf die Wahlprogramme stützt, konnten wir nicht zu allen Thesen eindeutige Positionen ableiten. Erstmals unterscheiden wir daher zwischen Zustimmung, Ablehnung, neutraler Haltung und fehlender Positionierung.
Open Source und Open Data spielen in den Programmen keine zentrale Rolle. Keine Partei lehnt sie explizit ab, jedoch positionierten sich nur die Grünen, Volt, Linke und BSW für die Förderung von Open-Source-Technologien. Open Data wird meist im Kontext des Forschungsdatengesetzes genannt (CDU/CSU, FDP, Linke, BSW).
Sicherheits- und Überwachungspolitik steht für viele Parteien im Vordergrund. Besonders die CDU/CSU positioniert sich ausdrücklich für Gesichtserkennung, Vorratsdatenspeicherung und gegen Anonymität im Netz. Doch auch die SPD fordert automatisierte KI-basierte Datenanalysen, während Volt diese auf Ausnahmefälle begrenzen will.
Hass und Gewalt im Netz thematisieren lediglich die Grünen, SPD und Volt. Aus zivilgesellschaftlicher Sicht ist es besorgniserregend, dass Forderungen nach mehr Überwachung diese Themen in den Hintergrund drängen. Positiv hervorzuheben ist, dass die SPD erneut das D64-Konzept der Login-Falle in ihr Wahlprogramm aufgenommen hat – auch wenn es bisher nicht umgesetzt wurde.
Digitale Teilhabe wird von allen Parteien aufgegriffen, jedoch mit sehr unterschiedlichen Ansätzen. Während die FDP eine vollständige Digitalisierung staatlicher Leistungen fordert, betont BSW das „Recht auf nichtdigitale Teilhabe am öffentlichen Leben“. Einigkeit besteht weitestgehend darüber, dass digitale Angebote niedrigschwellig zugänglich sein sollen.
Parteien erschwerten unabhängige Wahl-Hilfen
Den Digital-Thesen-Check hätte es in dieser Form fast nicht gegeben: Normalerweise können Organisationen vor Wahlen Wahlprüfsteine einreichen – gezielte Fragen, mit denen die Parteien zu wichtigen Themen Stellung beziehen. Doch wegen der vorgezogenen Bundestagswahl und der kurzen Vorbereitungszeit durften das diesmal nur 35 Organisationen. D64 war nicht dabei. Dieses Vorgehen darf kein Präzedenzfall für die kommenden Wahlen werden.
Gerade in einer Zeit, in der die Debatte von populistischen Äußerungen geprägt wird, ist die transparente Kommunikation von Inhalten im Wahlkampf umso wichtiger. Die Anzahl an Wahlprüfsteinen, die zu vergangenen Wahlen eingereicht wurden, und die Nachfrage nach unserem Digital-Thesen-Check zeigen auch, dass seitenlange Wahlprogramme als PDFs kein geeignetes Informationsformat für Wähler:innen darstellen.
Eine weiterführende Stellungnahme zum Vorgehen der Parteien gibt es auf netzpolitik.org.