Kurz vor Weihnachten 2020 haben Bundeswirtschafts- und Bundesinnenministerium gemeinsam einen Referentenentwurf zur Änderung von § 12a des E-Government-Gesetzes (EGovG) und zur Einführung eines Datennutzungsgesetzes vorgelegt. Leider bleiben beide Gesetzentwürfe hinter dem selbstgesteckten Ziel zurück, zum „Vorreiter und Treiber einer verstärkten Datenbereitstellung und Datennutzung“ zu werden.
D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt e.V. hat eine Stellungnahme eingereicht, um die Sichtweisen der Zivilgesellschaft in die parlamentarischen Beratungen einzubringen.
In dieser erläutern unsere Mitglieder David Wagner und Bendix Sältz die Kritikpunkte von D64.
Für den Scheinwerfer, dem Magazin gegen Korruption von Transparency International Deutschland, haben beide gemeinsam mit Anne Schwarz aus dem Vorstand von D64 in einem Gastbeitrag unsere Position erläutert. Nachfolgend der Artikel im Wortlaut:
Status quo der Open Data-Gesetzgebung
Seit Juli 2017 verpflichtet § 12a des E-Government-Gesetzes (EGovG) Teile der Bundesverwaltung dazu, sogenannte Rohdaten als Open Data bereitzustellen.
Die Überarbeitung des Paragraphen ist unter anderem im Koalitionsvertrag vereinbart. Die EU-Richtlinie zur Weiterverwendung von Informationen
des öffentlichen Sektors von 2019 will Deutschland bis zum 16. Juli 2021 mit dem Datennutzungsgesetz umsetzen.
Dieses soll das bestehende Informationsweiterverwendungsgesetz ablösen.
Zu wenig Fortschritte bei der Open Data-Gesetzgebung
Die Überarbeitung des § 12a EGovG bietet aus Sicht von NGOs und Zivilgesellschaft viel Raum für Kritik. Auch künftig soll es keinen einklagbaren Anspruch gegen die Verwaltung geben, ihre Daten als Open Data bereitzustellen. Damit adressiert der Referentenentwurf den Hauptkritikpunkt am bestehenden § 12a EGovG nicht. Die Rüge richtet sich nicht nur an den Bund: Auch auf Länderebene gibt es keinen allgemeinen einklagbaren Rechtsanspruch auf Open Data.
Zum Teil bedeutet der Entwurf sogar einen Rückschritt: Aktuell ist die Verwaltung verpflichtet, Daten in maschinenlesbare Formate zu überführen, solange dies keinen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet. Diese Pflicht fällt weg: Künftig müssen Verwaltungen nur die Daten als Open Data bereitstellen, die bereits in maschinenlesbarer Form vorliegen. Statt die Formatierungspflicht abzuschaffen, sollte der Gesetzgeber besser das Ausschlusskriterium der Unverhältnismäßigkeit konkretisieren.
Erfreulich ist, dass künftig auch die mittelbare Bundesverwaltung – wie die Bundesanstalt für Arbeit und die Deutsche Bibliothek – und Forschungsdaten in den Anwendungsbereich von § 12a EGovG fallen.
Weiterhin fehlen ausreichende Ressourcen
Neu ist die Verankerung von Open Data-Koordinatoren in den Bundesbehörden. Das klingt gut – leider regelt der Entwurf aber weder die Zuweisung von Kompetenzen noch die Zuteilung finanzieller Mittel. Dass es daran fehlt, ist seit dem Open Data-Fortschrittsbericht der Bundesregierung von 2019 bekannt: 70 Prozent der befragten Behörden haben einen entsprechenden Posten bereits geschaffen, zugleich beklagen 57 Prozent der Befragten mangelnde finanzielle und personelle Ressourcen.
Dass Kosten nicht ausreichend berücksichtigt wurden, zeigt sich auch bei der Gesetzesfolgenabschätzung: Der Entwurf unterschätzt die Kosten für die Bereitstellung offener Daten und ignoriert Kosten für den laufenden Betrieb gänzlich. Insbesondere die für dynamische (Echtzeit-)Daten vorgesehenen Programmierschnittstellen (APIs) müssen individuell entwickelt und kontinuierlich aufrechterhalten werden.
Auch der Entwurf für das Datennutzungsgesetz bleibt hinter den Zielen zurück. Im Wesentlichen erfüllt er lediglich die von der EU-Richtlinie gesetzten Mindeststandards.
Zentrales Open Data-Portal
Aus Sicht der Zivilgesellschaft und Bürger:innen wäre es generell wünschenswert, wenn sich alle Verwaltungsebenen in Deutschland verpflichten, ihre Daten auf dem Metadatenportal govdata.de bereitzustellen – und govdata.de zu einem echten nationalen Open Data-Portal auszubauen. Dies würde den Zugang zu den Daten stark erleichtern. Zudem führt der parallele Betrieb mehrerer Plattformen zu erhöhten Kosten.
Spannend bleibt, wie Bundeswirtschafts- und Bundesinnenministerium die Kritik der Stellungnahmen einarbeiten. Im März will das Bundeskabinett entscheiden, bis zum 16. Juli muss das Gesetz durch den Bundestag.