Eine “blühende Startupszene” versprach SPD Kanzlerkandidat Olaf Scholz durch das neue Fond-Standort-Gesetz. Ein zentraler Baustein in diesem Gesetzesentwurf ist die Möglichkeit für Unternehmen Mitarbeitende einfacher zu beteiligen. Wir haben bei #D64diskutiert mit Verena Hubertz und Claudia Nagel darüber gesprochen.
Wie funktionieren MItarbeitendenbeteiligungen?
Im Wesentlichen funktioniert das so: Das Startup wird aufgeteilt und jeder Mitarbeitende erhält einen Anteil am Betrieb. Sollte das Startup eines Tages sehr viel Wert sein oder verkauft werden, erhält die entsprechende Person ein ihren Anteilen entsprechendes Stück vom Kuchen.
Derzeit wird dieses Verfahren bereits angewandt. Problem: Ein Unternehmen “aufzuteilen” ist unfassbar kompliziert und ohne externe Hilfe von Notaren nicht durchführbar.
Das Fond-Standort-Gesetz soll diesen Missstand beheben. Darüber haben wir mit Dr. Claudia Nagel, Investorin bei High Rise Ventures und Gründerin, sowie mit Verena Hubertz, Gründerin der App Kitchen Stories und D64 Mitglied und designierte SPD Bundestagskandidatin aus Trier, gesprochen.
Wie von Verena Hubertz gut beschrieben, ist eines der größten Probleme des Gesetzesentwurfs das sogenannte “dry income”. Hier fordert das Finanzamt oft schon eine Besteuerung der Unternehmensanteile ab dem ersten Tag – egal ob diese bereits eingelöst wurden oder nicht.
Dabei werden schnell sehr hohe Steuern fällig, bevor man überhaupt weiß, wie viel Wert der Anteil überhaupt werden wird.
Welche Formen von Mitarbeitendenbeteiligungen gibt es aktuell?
- Echte Anteile: Aufgrund der deutschen Rechtslage, machen diesen Mitarbeitenden direkt zum Gesellschafter, was konkret oft gar sehr aufwändig ist und nach der Durchführung zu extrem vielen Gesellschafter:innen in der Firma und so zu komplizierten Unternehmenskonstruktionen führt.
- ESOPS: (emplyee stock option plans). Dies berechtigt die mitarbeitende Person dazu, einen Unternehmensanteil zu erhalten, sind aber keine “echten” Anteile sondern lediglich die Option auf einen Anteil. Auch das ist steuerlich schwierig, da diese oft sofort nach Erhalt besteuert werden werden, also noch bevor der Mitarbeitende überhaupt davon profitiert.
- VSOPS: Als dritte und häufigste Option werden daher sogenannte VSOPS (virtual stock options) genutzt. Im Falle eines Verkaufs, eines Exits oder einer Rendite erhält die Mitarbeitende Person dann Anteile als ob diese Anteile hätte.Auch dies geht jedoch mit einigen Problemen einher. Für Mitarbeiter:innen aus dem Ausland ist dies oft schwer nachvollziehbar und “echte” Beteiligungen sind dies ebenfalls nicht.
Wie in verschiedenen Studien erwiesen, würde ein erheblicher Prozentsatz derer, die von Mitarbeitendenbeteiligungen profitieren würden, das Geld zurück in die Startuplandschaft investieren indem sie ihr Unternehmen weiter ausbauen oder völlig neu gründen.
Hierzu hatte auch Dr. Claudia Nagel eine klare Meinung: “Wir alle haben ein Interesse daran, das Kapital, welches in diesem Bereich verdient wurde auch wieder in den Bereich zurückzuführen, dies treibt die Innovationen!”
Was fehlt im neuen Gesetzentwurf, dem Fond-Standort Gesetz noch?
Mit dem neuen Gesetzentwurf wurden nun erstmals Regeln festgelegt, mit denen Mitarbeitendenbeteiligungen unbürokratischer durchgeführt werden können. Hier hakt es derzeit jedoch an verschieden Punkten.
Laut Gesetz ist beispielsweise eine Besteuerung der Anteile nach 10 Jahren oder nach einem Arbeitgeberwechsel vorgesehen. Beides ist äußerst unattraktiv für Mitarbeitende, da Startups wie z.B. Biontech Jahrzehnte in die Forschung investieren, bevor sie überhaupt profitabel werden. Auch Scale-Ups sind vom Gesetzesentwurf noch nicht erfasst und der Bürokratieabbau durch das neue Gesetz wäre auch nur minimal.
Was zeigen all diese Hürden? Vor allem dass “blühende Startupszenen” ein wenig Pflege bedürfen. Diese entwickeln sich nicht von alleine, sondern müssen durch eine gute Lenkung der Politik bestmögliche Voraussetzungen vorfinden.
Was wir fordern!
Wir fordern daher optimale Chancen, dazu gehört eine Änderung des vorliegenden Fond-Standort Gesetzes. Zum einen muss es Startups ermöglicht werden länger Forschung zu betreiben, zum anderen muss die Beteiligung von Mitarbeitenden so unbürokratisch wie nur möglich vonstatten gehen.
Leider ist Deutschland keine einsame Insel. Gründer:innen überlegen sich sehr genau, in welchem Land sie gründen und für Talente aus aller Welt ist Deutschland meist nur eine Option unter vielen.