Wir müssen unabhängiger werden – Open-Source kann dabei helfen

Der Bund und neun Bundesländer haben sich zusammengeschlossen und planen die Entwicklung eines sogenannten „souveränen Arbeitsplatzes“, mit dem die Verwaltungen in Deutschland von den Geschäftsmodellen einzelner Konzerne unabhängig werden sollen. Mit dabei sind auf Seiten der Bundesländer Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geplant ist ein Arbeitsplatz, der Open-Source-Lösungen für die Basisaufgaben Produktivität, Kollaboration und Kommunikation anbietet.

D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt freut sich über diese Ankündigung. Sie unterscheidet sich von den üblichen Sonntagsreden zum Thema Open Source und strebt konkrete Lösungen für konkrete Herausforderungen an.

„Es wird Zeit, dass die Verwaltung konkret daran arbeitet, unabhängiger zu werden“,

so Anne Schwarz, Vorstandsmitglied D64.

Finanzielle Förderung und einen Ort für öffentlichen Code

Es ist sicher richtig, dass die geplanten Entwicklungen von einem großen Konsortium aus vielen Bundesländern vorangebracht werden sollen. Kleinere Verwaltungseinheiten können die nötigen Projekte nicht ausreichend voranbringen, das zeigt die Vergangenheit.

D64 fordert dennoch, dass diese länderübergreifende Zusammenarbeit auf schlanke Strukturen gesetzt wird. Die in der Erklärung genannte „gemeinsame Arbeitsstruktur“ mit „Regelterminen auf Arbeits- und Steuerungsebene“ kann schnell zu einem Wasserkopf werden. Bei dem geplanten Vorhaben sollen sich Bund und Länder daher eng an dem Vorschlag der Open Source Business Alliance (OSBA) und der Vitako für einen „Ort für öffentlichen Code“ orientieren, der bereits auf eine breite bundesweite Unterstützung verweisen kann. Die Instrumente für einen solchen Ort, die dann auch die Basis für die länderübergreifende Zusammenarbeit wären, sind größtenteils bereits vorhanden und können leicht umgesetzt werden.

Wir als D64 fordern zusätzlich eine adäquate finanzielle Ausstattung dieser Initiative. Die Absichtserklärung enthält dazu keine greifbaren Aussagen. Am Ende der Erklärung steht im Wortlaut: „Durch diese Absichtserklärung entstehen keine zusätzlichen Kosten.“ Wir haben dazu schon seit geraumer Zeit in unserem Positionspapier „Fünf Gründe für Open-Source-Software“ einen gemeinsamen Fonds der Kommunen und Länder – gerne auch unter Beteiligung des Bundes – angeregt, über den entsprechende Entwicklungen finanziert werden können. Darüber hinaus ist die Förderung offener digitaler Basistechnologien, bspw. im Rahmen eines Sovereign Tech Funds, wünschenswert.

Public Money – Public Code in modularen Systemen

Auf der politischen Seite fordern wir flankierend dazu, dass alle Ausschreibungen zu Softwareentwicklungen konsequent quelloffene Lösungen und Formate im Sinne der „public money – public code“ Philosophie fordern. Damit sollen am Ende die Verwaltungen aus dem Vendor Lock-in befreit und im Rahmen eines europäischen Digitalisierungs-Ökosystems digital souverän aufstellt werden – unabhängig von amerikanischen Konzernen.

D64 fordert, dass auf dem Weg zu einem „souveränen Arbeitsplatz“ auch die Prozesse und Bewertungsmodelle von Beschaffung und Betrieb eine zeitgemäße Gestaltung bekommen. Souveränität, Nachhaltigkeit und Innovationsfähigkeit durch gemeinschaftliche Open Source-Strukturen stärken sowohl die einzelne Verwaltung als auch alle übergeordneten Entscheidungsstrukturen (OSBA). Die digitale Transformation ist kein bloßes „Onlinegehen“ von Verwaltungsstrukturen, sondern stellt einen Weiterentwicklung des behördlichen Mindsets dar. Erst marktoffene Modularität ermöglicht die Gestaltung von digitalen Prozessen, die sich an den realen Anforderung der Verwaltung orientieren anstatt an fertigen Software-Produkten.

D64 sieht in der Herausforderung des Schulungsbedarfes, der alle Beteiligten mitnimmt, eine der wertvollsten Grundlagen für den Aufbau einer Multistakeholder-Community. Eine wachsende Community von verwaltungserfahrenen Anwender:innen ist ein weiterer essentieller Erfolgsfaktor für eine zukunftssichere Entwicklung eines stabilen und innovativen „souveränen Arbeitsplatz“, der die Anforderungen der Menschen und nicht der Software im Fokus hat.