Skip to content

(Alternative) Zukünfte des Internets – D64 im Austausch mit der indischen Zivilgesellschaft

„Wie müssen digitale Räume strukturiert sein, um gegenseitige Verständigung zu fördern, Demokratie zu fördern und zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern?“ – dieser Frage haben sich Vertreter:innen der indischen Zivilgesellschaft und Wissenschaft gemeinsam mit Elisa Lindinger vom superrr lab...
Grafik Recording aus einem Workshop zu: The Future of Digital Platforms
Dokumentation eines Workshops

„Wie müssen digitale Räume strukturiert sein, um gegenseitige Verständigung zu fördern, Demokratie zu fördern und zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern?“ – dieser Frage haben sich Vertreter:innen der indischen Zivilgesellschaft und Wissenschaft gemeinsam mit Elisa Lindinger vom superrr lab sowie unserem Co-Vorsitzenden Erik Tuchtfeld auf Einladung der Goethe-Institute in Neu-Delhi und Kolkata im Rahmen von drei Workshops (online, in Neu-Delhi und Kolkata) im November gewidmet. Die Workshops sind Teil der Alternative Futures-Reihe in der die Goethe-Institute zusammen mit dem superrr lab, dem Digital Futures Lab und Quicksand die Auswirkungen von sozialen Medien auf Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt untersuchen. Ziel ist eine zukunftsorientierte Diskussion über das Design, die Governance und die Betriebsdynamik digitaler Plattformen.

Die Freiheit des Internets in Indien

Diese Themen sind für demokratische, liberale Gesellschaften auf der ganzen Welt von herausragender Bedeutung. Für die indische Zivilgesellschaft stellen sie sich besonders akut: In der größten Demokratie der Welt hat Nationalismus und Autoritarismus großen Zulauf. Das zeigt sich auch in der Regulierung des digitalen Raums. In keinem Land der Erde gibt es mehr Internet-Shutdowns. Insbesondere in konfliktbehafteten Regionen (wie bspw. dem Kaschmir) ist der Zugang zum Internet stark reglementiert und überwacht. Im Kampf um Wahrheit und Lüge im Internet hat u.a. eine Regionalregierung eine Desinformationseinheit eingerichtet, die von Kritikern als verfassungswidrig eingestuft wird. Oppositionelle müssen Inhaftierungen für Kritik an der Regierung befürchten, große Teile der Medien können nicht frei berichten. Im jährlichen Index von Reporter ohne Grenzen belegt Indien Platz 161 (von 180).

Alternative Zukünfte für den Digitalen Raum

Ziel der Workshops war es, alternative Zukünfte für den digitalen Raum zu entwickeln. In drei bzw. vier Arbeitsgruppen wurden Visionen für Plattformen oder bestimmte Produkte entwickelt, die in 2040 unseren Zugang zur digitalen Welt prägen. Viele Teilnehmende betonten die Bedeutung von Inklusivität, vom freien Zugang zum Wissen und der Partizipation an politischen Prozessen. Interessant war auch, dass es in den Zukunftsmodellen nicht so um ein „Mehr“ an Digitalität und Vernetzung ging, sondern viele der Visionen auch von einer stärkeren Begrenzung geprägt waren. Bildschirmzeiten sollten limitiert sein, Digital Detox gefördert werden, Plattformen kleiner und dezentraler werden. Die beiden Hauptmotive, die sich durch die Arbeitsgruppen zogen, war Dezentralisierung als Antwort auf „die Machtfrage“ (wer beherrscht den digitalen Raum) und der Einsatz von Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) als Assistenz für Menschen.

Neben den beiden Workshops fanden in Neu-Delhi und Kolkata auch öffentliche Podiumsdiskussionen statt, an denen jeweils Erik und Elisa sowie Vrinda Bhandari (Of-Counsel, Internet Freedom Foundation) und Aparajita Bharti (The Quantum Hub) (in Neu-Delhi) bzw. Shuddhabrata Sengupta (Raqs Media Collective) (in Kolkata) teilnahmen. Ein Bericht zur Diskussion in Neu-Delhi ist hier veröffentlicht. Besonders beeindruckend war hierbei die Arbeit der Internet Freedom Foundation (IFF), die Vrinda vorgestellt hat. Die IFF setzt sich juristisch u.a. gegen Internet-Shutdowns und staatliche Anordnungen, bestimmte Nutzerkonten oder Beiträge zu sperren, ein. Insbesondere die Restriktionen beim Zugang zum freien Internet in Konfliktgebieten schränken die Informationsfreiheit erheblich ein und sorgen dafür, dass gewaltsame Übergriffe auf ethnische Minderheiten oft erst mit großer Verzögerung öffentlich werden.

Mehr Austausch in der Zukunft

Über den formalisierten Austausch in den Workshops und Podiumsdiskussionen hat der Besuch in Indien ganz erheblich zur Vernetzung zwischen indischer und deutscher Zivilgesellschaft beigetragen. Viele der Teilnehmenden arbeiten in NGOs zu Themen, die auch für D64 in Deutschland und Europa relevant sind – sei es (Digitaler) Gewaltschutz, der Kampf gegen (staatliche und private) Überwachung oder die demokratische Gestaltung des digitalen öffentlichen Raums. Diese Reise war daher erst der Auftakt für viele weitere Gespräche, die folgen werden.

Ein herzlicher Dank für die umfangreiche Vorbereitung, die großartige Konzeption und viele anregende Diskussionen gilt daher auch an dieser Stelle nochmals Anja Riedeberger vom Goethe-Institut Neu-Delhi und Elisa Lindinger vom superrr lab!

D64-Logo_RGB-Cyberschwarz_Quadrat

D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt

Informationen rund um den Verein werden durch den D64 Vorstand freigegeben und von der Geschäftsstelle publiziert.

Mitwirkende

Erik Tuchtfeld

Auch Interessant

Sharepic mit Portrait von Svea Windwehr: Die kritische Auseinandersetzung mit Projekten wie der ePA muss rechtlich abgesichert werden, der Hackerparagraph gehört abgeschafft. - Svea Windwehr, Co-Vorsitzende von D64

Zivilgesellschaft fordert mehr Sicherheit bei elektronischer Patientenakte

Berlin, 14. Januar 2025: Verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter der Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit, D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt, die Deutsche Aidshilfe und die BAG Selbsthife haben in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Bedenken zum...
weiterlesen
Eine junge Frau steht vor einem blauen Bildschirm. Bild: D64/Johann Lensing

Wir brauchen eine digitale Zeitenwende zum Schutz der Demokratie 

Die jüngste Kehrtwende von Meta in der Moderation von Inhalten ist eine Bedrohung für den demokratischen Diskurs in digitalen öffentlichen Räumen. Mark Zuckerbergs Entscheidung zeigt, wie abhängig wir von den Entscheidungen opportunistischer Tech-Milliardäre sind. Die Erklärung...
weiterlesen