Die umstrittene „Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern“ wurde bereits im Mai 2022 von der EU-Kommission vorgeschlagen und soll noch vor der Europawahl im Juni 2024 final beschlossen werden. Weil Anbieter von Messengern dazu verpflichtet werden sollen, Chats und Fotos ihrer Nutzer:innen in Echtzeit nach Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu durchsuchen, nennen wir den Vorschlag Chatkontrolle. Alle deine Nachrichten sollen überwacht werden, egal ob du deiner Anwältin, deinem besten Freund oder deiner Geschäftspartnerin schreibst.
Als Teil der digitalen Zivilgesellschaft übt D64 starke Kritik an dem Vorhaben und weist auf die gravierende Verletzung des Datenschutzes, der Privatsphäre und des Kommunikationsgeheimnisses hin. Sowohl in Deutschland als auch international gibt es viel Kritik von Betroffenen, Technologie-Expert:innen und sogar von Strafverfolgungsbehörden. Als offensichtlich grundrechtswidriges Vorhaben behindert die Chatkontrolle auch den effektiven Kinderschutz, da viel Geld und Ressourcen in ein Projekt gesteckt werden, das vor Gericht scheitern muss.
Um die Chatkontrolle zu stoppen, müssen wir gemeinsam aktiv werden. Der einfachste Weg dahin ist, wenn das Vorhaben bei der Abstimmung am 28. September im EU-Ministerrat scheitert. Damit das passiert, müssen vier Staaten mit zusammen mindestens 35 Prozent der EU-Bevölkerung sich enthalten oder dagegen stimmen. Das ist machbar! Momentan sieht es so aus, als ob Deutschland sich mindestens enthalten wird.
Unser Ziel ist es, dass Deutschland gegen den Vorschlag stimmt, auch um ein Zeichen an andere EU-Länder zu senden.
Was du tun kannst
Informiere dich, zum Beispiel bei netzpolitik.org, über aktuelle Entwicklungen zur Chatkontrolle.
Als Bürger:in schließt du dich der europäischen Kampagne #CelebrateEncryption an und/oder schreibst Briefe an Politiker:innen. Kommst du aus Hessen, wo Innenministerin Nancy Faeser zur Wahl antritt? Oder aus den Wahlkreisen von Justizminister Marco Buschmann oder Familienministerin Lisa Paus? Schreib Ihnen und mach klar, dass du als Bürger:in ein Nein der Bundesregierung zum Gesetzesvorschlag erwartest.
Als Journalist:in nimmst du die anstehende Abstimmung als Anlass für Berichterstattung zur Chatkontrolle. Hast du einen bestimmten Ansatzpunkt im Sinn? Fehlen die richtigen Gesprächspartnerinnen und -partner? Melde dich bei uns, wir vermitteln gerne Gespräche!
️ Als Organisation wiederholst du schon geäußerte Kritik noch einmal pointiert. Auch, wenn es sich vielleicht so anfühlt, als ob schon alles gesagt ist: Um in der Aufmerksamkeitsökonomie vor der Abstimmung zu bestehen, müssen jetzt noch einmal alle Register gezogen werden, von Pressemitteilung über Webinare bis hin zu direkter Ansprache von Entscheidungsträger:innen.
️ Als MdB aus einer Regierungsfraktion schreibst du parallel den Fachminister:innen aus deiner Fraktion und gehst mit deiner Kritik an die Öffentlichkeit. Deine Maßstäbe sind das Grundgesetz und der Koalitionsvertrag. Lass dich nicht einschüchtern! Als MdB in der Opposition stellst du weiter kritische Nachfragen. Dabei kannst du dich zum Beispiel auf die Anhörung im Bundestag zur Chatkontrolle beziehen.
Als Minister:in setzt du dich dafür ein, dass aus einer möglichen Enthaltung Deutschlands im Rat ein Nein wird. Als Innenministerin trittst du für wertegeleitete Innen- und Sicherheitspolitik ein. Dabei machst du klar, dass ein Schnellschuss bei dem Thema Kinder nicht schützt. Als Justizminister beharrst du auf deinen roten Linien und forderst öffentlich ein Nein. Als Familienministerin äußerst du deine Kritik an der Chatkontrolle öffentlich und stärkst dem Justizminister den Rücken.
——
D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt ist Teil des Bündnisses Chatkontrolle Stoppen! Bis zur Abstimmung in Rat und Parlament legen wir einen besonderen Fokus auf das Thema und werden regelmäßig Beiträge veröffentlichen. Dabei sind wir auch für Gastbeiträge offen, schreibt uns!